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Zeichen setzen

Mit Unicode ist es den Schriftgestaltern möglich, fast beliebig viele Zeichen in einen Zeichensatz zu integrieren. So wird ein «character set» nicht nur das Alphabet aus 26 Zeichen mit Gross- und Klein­buchstaben enthalten, sondern eine Vielzahl von weiteren Glyphen.

RALF TURTSCHI Mikrotypografie lernt man heute in gewissen Fachschulen, wo die Lehrerschaft noch weiss, was lesen heisst. Wie der Name sagt, handelt es sich bei der Mikrotypografie um die Angelegenheiten im Kleinen, während bei der Makrotypografie eher die ganzseitigen oder mehrseitigen Gestaltungsfragen besprochen werden. Zur Mikrotypografie zählen im Speziellen der richtige Einsatz der Zeichen, in InDesign als Glyphen bezeichnet, und die Abstände der Zeichen zueinander.

OpenType

OpenType ist das aktuelle Fontformat, welches für PC und Mac die gleichen Zeichen beinhaltet. In dem Schriftformat ist ein «character set» enthalten, welches über 1000 Zeichen enthalten kann. Unicode ist ein «Tabelle», welche bei OpenType 65 536 Glyphen enthalten kann, die so digital adressierbar werden. Selbstverständlich muss gewährleistet sein, dass in allen lateinischen Alphabeten zum Beispiel das a an derselben Stelle sitzt. Open heisst, dass das Format «offen» ist, es enthält also bewusst keine Definition, welche Glyphen ein «character set» enthalten muss. Die Erweiterung des «character sets» mit Zeichen von anderen Alphabeten wie Kyrillisch, Griechisch, Chinesisch oder Arabisch variiert von Font zu Font. Neben der sprachlichen Erweiterung bietet OpenType typografische Features, die zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten bieten: Ligaturen, Kapitälchen, Alternativziffern usw.

Kein Font beinhaltet eine volle Unterstützung aller OpenType-Funktionen. Es gibt immerhin einen Mindestzeichensatzumfang für OpenType, der an der Zusatzbezeichnung erkennbar ist. OT oder STD bedeutet Standard, und die Endung Pro deutet auf eine professionelle Anwendung mit entsprechenden typografischen Features. Mehr darüber findet man im Internet unter dem Schlagwort «OpenType».

Die richtigen Zeichen

Im Duden, unter «Rechtschreibung und Zeichensetzung» und im Heuer, «Richtiges Deutsch» sind die hier besprochenen Vorkommnisse beschrieben. Ob nun ein Apostroph bei «Müllers» steht oder nicht, ist nicht eine Frage der Typografie, sondern der Rechtschreibung. Ob der Apostroph ein solcher ist (Müller’s) oder ob es sich um ein Gravis (Müller`s) oder um einen Akut (Müller´s) handelt, ist typografisch richtig oder falsch.

Die diakritischen Buchstaben kennzeichnen durch kleine Punkte, Striche, Häkchen oder Kreise oder Halbkreise die von den normalen Buchstaben abweichende Aussprache. Je nachdem wird der Laut gedehnter, offener, spitzer oder weicher gesprochen. In Wikipedia findet sich eine gute Zusammenstellung, wenn zum Beispiel jemand wissen möchte, wozu ein mittestehender Punkt nütze ist. Es wird dort sofort klar dass Deutsch nicht die einzige Sprache ist, und dass die paar Umlaute ein relativ bescheidenes Sammelsurium an diakritischen Zeichen sind. Daneben gibt es eine Reihe von Satzzeichen, Währungszeichen bis hin zu den Dingbats oder Windings, die alle richtig eingesetzt werden sollen.

Zeichen auf der Tastatur

Das eine Problem ist, dass die Anwender heute nicht genau wissen, welche Zeichen die richtigen sind. Manchmal ist es nicht so einfach, die «Kringel» und «Strichlein» voneinander zu unterscheiden.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich Zeichen anzeigen zu lassen: Die Glyphenpalette der Adobe-Produkte InDesign und Illustrator listet alle Zeichen auf, die in einer bestimmten Schrift zur Verfügung stehen. Ein Doppelklick auf das Zeichenfeld setzt es dort ein, wo der Cursor steht. In der Menüleiste oben rechts kann über ein kleines Piktogramm die Tastaturbelegung (s. Abb. rechts) eingeblendet werden oder die Zeichen, die zur Verfügung stehen. Natürlich muss die handfeste Tastatur mit der per Software eingestellten übereinstimmen.

Divis und Halbgeviertstrich

Der Kupplungsstrich wird als Trennstrich verwendet oder bei schwer lesbaren Zusammensetzungen ab vier Wörtern beim Hauptsinneinschnitt.

Bei gedrückter Optionstaste (Mac)erhält man einen etwas längeren Strich, den Gedankenstrich, der verschiedene Funktionen hat. Er trennt wie Strichpunkt oder Punkt zwei verschiedene Gedanken – übrigens steht vor und nach dem Gedankenstrich ein Wortzwischenraum. Der gleiche Strich findet Verwendung bei Preisangaben: CHF 30.–. Er ersetzt dort quasi 00 Rappen. Auf der Schreibmaschine tippte man früher Fr. 30.--, doch das ist Vergangenheit. Der Gedankenstrich ist so breit wie eine Ziffer, gleich breit wie ein Halbgeviert. Aus diesem Grund gab es früher den Geviertstrich, er machte die tabellarische Ausrichtung von Währungskolonnen möglich. Der Gevierstrich­ findet sich unter Option-Shift-Divis. Er ist in unseren Breitengraden nicht mehr gebräuchlich. Die Amerikaner setzen damit den Gedankenstrich, und zwar ohne Wortzwischenräume.

Der Apostroph

Der Apostroph kann im Deutschen für einen oder mehrere weggelassene Buchstaben stehen.

Das Wort «es» und «das» wird in allgemein üblichen Verschmelzungen nicht mit Apostroph gesetzt:

Auch sonst wird er nicht eingesetzt. Falsch ist demzufolge der Apostroph beim Genitiv:

Der Apostroph wird hingegen bei Eigennamen beim Genitiv eingesetzt, wenn sie auf einen s-Laut enden (u. a. mit s, x oder z am Ende)

Der Apostroph ist falsch bei der Trennung von Tausendern bei Zahlen. Richtig trennt man mit einem kleinen Zwischenraum.

Die Form des Apostrophs ist durch die Schriftzeichnung vorgegeben. Er ist jedoch oben immer dicker als unten und sieht in den meisten Schriften aus wie das Komma. Oft wird er verwechselt mit dem Minutenzeichen, welches vertikalsymmetrisch verläuft.